Artists in Residence
Das Artist in Residence Fellowship wurde in Erinnerung an den 2024 verstorbenen ehemaligen Präsidenten des WZB Meinolf Dierkes eingerichtet, der sich zeitlebens für Transfer und „Out of the Box“-Denken eingesetzt hatte. Es soll einem Künstler oder einer Künstlerin einen Gastaufenthalt von zwei Monaten am WZB ermöglichen, in dieser Zeit ein eigenes Projekt zu verfolgen, die Möglichkeit zum Austausch mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu nutzen und an internen und öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Es wird von den Freundinnen und Freunden des WZB e. V. gefördert. Die Artists in Residence des Jahres 2025 sind die Künstler*innen Daria Syvakos und Mika Ebbing.
Caretomancy: Ein Artists-in-Residence-Projekt
In ihrem Artists-in-Residence-Projekt Caretomancy setzen sich die Künstler*innen Daria Syvakos und Mika Ebbing mit der Suche nach Antworten zur Zukunft unserer kranken und pflegebedürftigen Körper auseinander. Der englische Titel ist ein Wortspiel mit dem Begriff der Kartomantie (engl. Cartomancy), der Praxis des Kartenlegens, und dem englischen Begriff Care. So steht denn auch der intensive interdisziplinäre Austausch mit WZB-Forschenden insbesondere der Gruppen „Arbeit, Familie und soziale Ungleichheit“ und „Gesundheit und soziale Ungleichheit“ am Ausgangspunkt des Projekts.
Geplant ist der künstlerische Versuch, sich zwischen Forschungserkenntnissen und der gleichzeitigen Ungewissheit unserer individuellen gesundheitlichen Zukunftsaussichten zu bewegen, zwischen wissenschaftlicher Analyse und spekulativen Narrativen. Im Mittelpunkt der Recherche stehen die Perspektiven unterschiedlicher Körper, mit oder ohne Aussicht auf Heilung, mit oder ohne materielle Sicherheit, mit oder ohne Wahlmöglichkeiten für unterschiedliche Verläufe. Wie bewegen sich Krankheiten zwischen Generationen, sozialen Gruppen und Ländergrenzen? Wer darf gesunden und wer muss leiden? Hinter solchen Fragen stehen, wie die Forschung zeigt, allzu häufig strukturelle Unterschiede beim Zugang zu Gesundheitssystemen sowie die ungleiche Verteilung von Pflege- und Sorge-Arbeit.
Erste Ergebnisse aus der Zusammenarbeit mit Forschungsgruppen des WZB werden im Rahmen von zwei Ausstellungen im November und Dezember als Work in Progress präsentiert: In der Kommunalen Galerie Berlin und dem Kunstquartier Bethanien – einem ehemaligen Krankenhaus – werden Zwischenergebnisse der künstlerischen Forschung am WZB als interaktive Video-Installation umgesetzt.
Daria Syvakos und Mika Ebbing haben ihr gemeinsames Studium in der Fachklasse Multimedia, Experimentalfilm und Video der Universität der Künste Berlin mit Auszeichnung als Meisterschüler*innen bei Hito Steyerl und Mykola Ridnyi abgeschlossen.
Daria Syvakos (sie/ihr) absolvierte zuvor ein Masterstudium in Ökonomie und Sozialwissenschaften. Ihre Arbeiten wurden unter anderem bei der Ars Electronica, im KW Institute for Contemporary Art, der Kyiv Biennial, in der Kunsthalle Baden-Baden und der Documenta 15 gezeigt. Sie interessiert sich für räumliche Transformationen, Wissensproduktion, Technologie, Kontrolle und Herrschaft. Durch Installationen, Bewegtbild und Software-Programmierung beschäftigt sie sich mit persönlichen und historischen Archiven, um sie vor Auslöschung und Vergessen zu schützen.
Mika Ebbing (keine Pronomen oder dey) studierte zuvor in Hildesheim, München und Karlsruhe mit Fokus auf Performance und Medienkunst und war an Ausstellungen unter anderem im Georg Kolbe Museum, im KW Institute for Contemporary Art, der Documenta 15, der neuen Gesellschaft für bildende Kunst (nGbK), der Akademiegalerie München und weiteren beteiligt. Mika Ebbing arbeitet zu Queerness, umstrittenen Formen (institutioneller) Erinnerung und Wissensproduktion und interessiert sich für das transformative Potenzial kultureller Praxis in sozialen und politischen Kontexten. Die künstlerische Herangehensweise konzentriert sich auf performative Ansätze und zeitbasierte Medien.
Die Kommissionsmitglieder Anke Hervol, Sektionsleiterin Bildende Kunst an der Akademie der Künste, Michael Hutter, Direktor emeritus der WZB-Abteilung „Kulturelle Quellen von Neuheit“, Gritje Hartmann, Leiterin Kommunikation des WZB, und Katrin Schwenk, Geschäftsführerin des Freundeskreises des WZB, zeigten sich überzeugt von der künstlerischen Qualität des eingereichten Projekts, der klaren Idee und der gleichzeitigen Offenheit für einen Prozess, der das Ergebnis noch nicht vorwegnimmt.